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Aus der Arbeit des Gemeinderates | 27.04.2015 – 24.05.2015
Sitzung des Bau- Planungs- und Umweltausschusses am 25. März
Wie könnte ein mögliches Naturschutzgebiet „Pfinzquellen“ aussehen? Diese Frage und die weiteren Schritte zu einem solchen Gebiet beschäftigten den Bau- Planungs- und Umweltausschuss im Verlaufe seiner jüngsten Sitzung intensiv. Nach einem Vortrag von Frau Dr. Silke Schweitzer und Herrn Dr. Christoph Aly – beauftragte Mitarbeiter vom Regierungspräsidium Karlsruhe – setzte sich das Gremium mit den vielfältigen Aspekten hierzu kontrovers auseinander und nahm den Sachstand zur Kenntnis. Bürgermeister Rudi Knodel erhielt eine Unterschriftenliste von Ittersbacher Bürgerinnen und Bürgern überreicht. Das Gebiet mit den betroffenen Gemarkungen Langenalb, Pfinzweiler, Feldrennach, Ottenhausen, Karlsbad-Ittersbach und Marxzell-Pfaffenrot umfasst eine Fläche von 347 Hektar um die noch junge Pfinz. Es sei noch nicht im offiziellen Rechtsverfahren, sondern davor, betonten die Vertreter des Regierungspräsidiums ausdrücklich. Ziel sei, so Dr. Silke Schweitzer, ein Naturschutzgebiet zu bekommen, in dem die besonderen Arten geschützt seien und gefördert werden, Landschaft und Lebensräume für Mensch und Natur erhalten und gepflegt werden und die dafür notwendigen Landschaftspflegemittel dauerhaft gesichert sind.
Heutiger Sachstand und weiteres Vorgehen
Lebensräume und seltene Arten habe man, so die Vertreter des Regierungspräsidiums, kartiert. Das Gebiet sei mit dem Regional- und Flächennutzungsplan abgeglichen worden und nunmehr soll ein erster Vorschlag für den Umfang vorgestellt werden. Darüber soll dann breit informiert und diskutiert werden. Jeder könne hierbei seine Meinung einbringen: Landwirte, Jäger, Gartenbesitzer, Hundefreunde, Naturfreunde, Reiter etc. und jedes Argument werde nach Möglichkeit berücksichtigt. Frühestens im Herbst 2015 beginne das offizielle Verfahren. Dann habe jeder nochmals Gelegenheit, seine Anregungen und Bedenken vorzutragen. Jede Anregung werde nach Möglichkeit berücksichtigt und beantwortet.
Wertvolles Gebiet in Bezug auf Flora und Fauna
Insgesamt konnten 833 Pflanzen- und Tierarten nachgewiesen werden, im Gebiet gebe es wertvolle Lebensräume, artenreiche trockene und nasse Wiesen, Obstbäume und Gehölze, standorttypischer, totholzreicher Wald, Quellen und Gewässer sowie Hochstaudenfluren. Die Vogelwelt sei sehr artenreich. Insgesamt fand man 114 Vogelarten, davon 71 als Brutvögel (das seien 31 Prozent der im Land vorkommenden Arten). Das Gebiet sei wichtig als Nahrungsgebiet für Vögel mit großem Revier, wie beispielsweise Raubvögel. Bekassine brüteten hier, davon existierten nur noch 20-40 im ganzen Land. Der in Baden-Württemberg als ausgestorben geltende Ortolan wurde ebenfalls als Durchzügler beobachtet. Die Pfinzquellen würden zu jeder Jahreszeit unterschiedlichen Arten einen Lebensraum bieten.
Blick auf eine Fläche im diskutierten möglichen Naturschutzgebiet. Foto: Regierungspräsidium
Wesentliche Inhalte einer Naturschutzgebiet-Verordnung
Geregelt würden in einer Naturschutzgebiet-Verordnung folgende Punkte: Geltungsbereich, Schutzzweck, Allgemeine Regelungen, Bestimmungen speziell für Land- und Forstwirte, Besucher, Gärtner und Jäger. Von den Vorschriften einer solchen Verordnung könne die höhere Naturschutzbehörde nach Maßgabe des Bundesnaturschutzgesetzes befreien.
Bestandsschutz
Unberührt bleibe – so Christoph Aly - die sonstige, bisher rechtmäßigerweise ausgeübte Nutzung der Grundstücke, der Gewässer, Straßen und Wege sowie der rechtmäßigerweise bestehenden Einrichtungen in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang, sowie deren Unterhaltung und Instandsetzung. Dabei seien Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, die in der Zeit zwischen dem 01. März und dem 01. Juli eines Jahres durchgeführt werden sollen, nur im Einvernehmen mit der höheren Naturschutzbehörde zulässig. Unberührt bleibe auch der im Einvernehmen mit der höheren Naturschutzbehörde geplante Bau einer Straßenbahn-Trasse und von Fahrradwegen.
Regeln für die Landwirtschaft
Nur für die Bewirtschaftung von Grünland gebe es Regeln: Beweidung, Mahd und Düngung werden dem Schutzzweck entsprechend durchgeführt, Herbizide werden nicht verwendet. Auch beim Mulchen müsse auf die Tierwelt Rücksicht genommen werden. Konkret könnte dies bedeuten: Kein Umbruch, keine Christbaumkulturen, in der Kernzone dürfe nur im Ausnahmefall gedüngt werden, auf besonders artenreichem Grünland eingeschränkt, sonst nicht eingeschränkt. Weitere denkbare Vorgaben wären: maximal 2-malige Nutzung (Mahd oder Beweidung) und wenn überhaupt gemulcht werde, dann in tierschonender Art und Weise. Altgrasstreifen sollten stehen gelassen werden und Herbizide dürften nur im Ausnahmefall eingesetzt werden. Die Wiesenbewirtschaftung werde ab diesem Jahr in höherem Umfang finanziell gefördert: Einschürige Mahd ohne Stickstoff-Düngung 310 €/ha (bisher 200 €/ha), zweischürige Mahd ohne Stickstoff-Düngung 400 €/ha (bisher 280 €/ha), Beweidung in Hütehaltung 360 €/ha (bisher 195 €/ha), Nachpflege 85 €/ha sowie zusätzliche Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Arten bis zu 75 €/ha.
Ein mögliches Naturschutzgebiet beinhaltet Regelungen für die Bewirtschaftung der Flächen. Foto: Regierungspräsidium
Regeln für die Bewirtschaftung von Obstbaumwiesen und Gärten
Die Naturschutzbehörden wollen festlegen, dass Höhlenbäumen erst nach Zustimmung gefällt werden dürften. Abgängige Hochstämme müssten nachgepflanzt werden und zwar in Form von Hochstamm-Obstbäumen oder Walnuss-Bäumen. Feuer dürften nur im Winterhalbjahr mit dem vor Ort angefallenen Material gelegt werden. Zwischen dem 1. März und dem 31. Mai sei das Mähen mit dem Rasenmäher nicht zulässig.
Regeln für Besucher
Besucher dürften sich nur auf den Wegen aufhalten, Hunde müssten in der Kernzone an die Leine bzw. sonst auf dem Weg gehalten werden. Autofahren, Fahrradfahren oder Reiten abseits der Wege sei nicht zulässig ebenso wie feiern, zelten, Feuermachen usw. Tiere dürften weder gefangen noch ausgesetzt werden und Pflanzen dürfe man weder mitnehmen noch aussäen oder pflanzen.
Regeln für die Forstwirtschaft
Die Forstwirtschaft dürfe nur standortheimische Baumarten fördern. Stehende Habitat- und Horstbäume würden geschont (ausgenommen zur Verkehrssicherung und Arbeitssicherheit). Pflanzenbehandlungsmittel dürften nur im Ausnahmefall eingesetzt werden.
Regeln für die Jagd
Hochsitze dürften nicht auf trittempfindlichen Flächen angelegt werden. Sie müssten landschaftsgerecht gestaltet sein und vom Umfang her nur in der bisherigen Anzahl. Davon ausgenommen seien Ansitzleitern und mobile Hochsitze. Wildäcker und Futterstellen im Offenland seien nicht zulässig. Kirrungen dürften nur außerhalb wertvoller Vegetation erfolgen und Fahrzeuge
nur für Transporte eingesetzt werden.
Diskussion im Ausschuss
Die Ausschussmitglieder diskutierten breit über Vor- und Nachteile eines möglichen Naturschutzgebietes sowie Befürchtungen der Bevölkerung. Die Grin und Ortsvorsteherin von Ittersbach, Heike Christmann (Freie Wähler), gab zu Beginn der Diskussion eine Unterschriftenliste von Ittersbacher Bürgern an Bürgermeister Rudi Knodel weiter. Sie betonte, dass die Bürger bisher auch ohne Regeln sorgsam mit der Natur umgegangen seien. Ittersbach sei mit der bisher geplanten Größenordnung nicht einverstanden. Ein Gebiet bis an den Ortsrand, den Bereich der Bebauungsentwicklung, sei nicht tragbar. Wenn das Naturschutzgebiet erst existiere, habe dieses Vorrang vor einer etwaigen Bebauung. Viele Gebiete in Ittersbach seien schon im Sinne des Naturschutzes hochwertige Flächen. Man müsse auch fragen, ob der Prozess noch gebremst werden könne. GR Peter Kiesinger (CDU) pflichtete dem bei, der Bestand sei doch schon ideal, man müsse sich fragen, wieso dann ein Naturschutzgebiet kommen soll. Das sei nicht verhältnismäßig. GRin Susanna Vollmer (Bündnis 90/Grüne) zeigte sich beeindruckt von der bestehenden Artenvielfalt. Das Gebiet profitiere doch eher, wenn es so belassen werde wie es ist und nicht als Naturschutzgebiet ausgewiesen werde. GR Roland Rädle (CDU) mahnte zur Besonnenheit. Zuerst werden solche Vorstöße immer abgelehnt. Es sollte nicht gleich alles abgebügelt, sondern konkret geklärt werden, wo Entwicklungen verhindert und Freiheitsrechte der Bürger tatsächlich eingeschränkt würden. GR Uwe Rohrer (Bündnis 90/Grüne) sagte, dass das Problem vor allem die fehlende Kommunikation sei. Die Bürger hätten Ängste, die vermutlich oftmals unbegründet seien. Es gelte, sich zu informieren. Bürgermeister Rudi Knodel sprach sich ebenfalls für eine differenzierte und faire Betrachtung des Themas aus. Dr. Christoph Aly erläuterte, dass die Verwaltung alle Zeit der Welt für das Verfahren habe. Die Artenvielfalt im Gebiet habe sich entwickelt, aber die Landwirtschaft habe sich allgemein verändert und intensiviert. Die Naturschutzverwaltung wolle die Landwirte zum Schutz der Natur anhalten und unterstützen. Ein Naturschutzgebiet sei kein Nationalpark, die Menschen sollten auch die Natur erleben, hier sei der Tourismus auch teilweise positiv zu sehen. Die Mehrzahl der im Gebiet vorhandenen Tierarten bewege sich allgemein im Abwärtstrend. Letztlich entscheide das Regierungspräsidium nach anhören der Betroffenen, ob ein Naturschutzgebiet angestrebt werden soll. Die Nähe zum Ortsrand ergebe sich immer wieder, wenn sich dieser ausdehne und an das Gebiet herankomme. Über die Einschränkungen und Vorgaben für ein mögliches Naturschutzgebiet könne diskutiert werden. Hier bestehe Spielraum, alles sei diskutabel. Aly lud zu den Vorortterminen am 17. April und 19. Mai ein.
Baugesuche
Grünes Licht gaben die Mitglieder vom Bau- Planungs- und Umweltausschuss für die Errichtung eines Carports in Ittersbach, den Anbau an ein bestehendes Wohnhaus in Spielberg sowie das Erstellen von Dachgauben und einer Dachterrasse an ein Wohnhaus in Langensteinbach. Keine Mehrheit fand ein Bauantrag auf Überdachung eines bestehenden Reitplatzes in Langensteinbach.
Leichte Verzögerungen bei Großbaustelle Hauptstraße / Ittersbacher Straße – Bauende weiter für August/September vorgesehen
Herr Kreutz vom Ingenieurbüro Fröhlich gab einen Überblick zur Großbaustelle (Wasser, Abwasser und Straßensanierung) Hauptstraße und Ittersbacher Straße in Langensteinbach. Seit Ende Oktober vergangenen Jahres arbeite die Firma im Bauabschnitt Querverbindung Speicherstraße bis Alemannenstraße, erneuere unter anderem alle Straßeneinläufe und verlege Kabelleerrohre. Es werden barrierefreie Straßenübergänge erstellt. Mitarbeiter der Firma Harsch seien zeitweise von der Baustelle abgezogen worden, um die Haltestelle St. Barbara auszubauen. Der dritte Bauabschnitt sei noch nicht fertig, jedoch komme vor Ostern der Schwarzbelag auf die Straße. Im Bereich der Spielberger Straße habe man eine uralte Wasserquerbindung entdeckt. Diese Leitung müsse neu verlegt werden. Zum Abschluss der Gesamtmaßnahme im August / September seien noch Straßenbelagsarbeiten vorgesehen. Jetzt beginne die Firma Harsch mit dem Verlegen von Wasserleitungen und der Oberflächenentwässerung. Das Bauamt stehe mit dem Seniorenzentrum Kurfürstenbad in Kontakt. Ein Teil der Bauverzögerung könne aufgrund der guten Arbeit der Firma wieder aufgeholt werden.
Weitere Beschlüsse
Der Bau- Planungs- und Umweltausschuss einigte sich darauf, dass eine Arbeitsgruppe zum weiteren Vorgehen zur Aussegnungshalle Langensteinbach gebildet werden soll. Nach mehrfachen Diskussionen in verschiedenen Gremien soll so das Thema weiter bearbeitet werden. Im Haushalt 2015/2016 wurden für die Sanierung/Neubau Haushaltsmittel in Höhe von 450.000 Euro eingestellt, davon für das Haushaltsjahr 2015 50.000 Euro als Planungsrate festgeschrieben. In der Arbeitsgruppe sind folgende Mitglieder vertreten – in Klammer die jeweiligen Stellvertreter: Otto Höger (Karl-Heinz Ried) – Freie Wähler, Uwe Rohrer (Dr. Susanna Vollmer) – Bündnis 90/Grüne, Roland Rädle (Norbert Ried) – CDU und Reinhard Haas (Walter Hoffer) – SPD. Der Bau- Planungs- und Umweltausschuss sprach sich ferner dafür aus, für die Ortsentwicklung von Auerbach einen Tausch von möglichen Baugebieten vorzunehmen und dem Gemeinderat zu empfehlen, ebenso zu entscheiden. Bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplanes soll für eine mögliche Entwicklung einer Baufläche „Buckeberg III“ mit Anschluss an die Landesstraße L 562 auf ein Baugebiet „Brunnenwiesen“ verzichtet werden. Ortsvorsteher Hans-Gerhard Kleiner (Freie Wähler) sagte, dass Auerbach unbedingt eine zweite Anbindung brauche. Mit der Entwicklung eines Gebietes „Buckenberg III“ und Anschluss an die L 562 werde die Remchinger Straße entlastet und die Wohnqualität in Auerbach verbessert. Joachim Guthmann von der Bauverwaltung wies darauf hin, dass es einen Zielkonflikt mit dem Regionalplan gebe. Die bestehende Grünzäsur, die Auerbach von Langensteinbach trenne, werde eingeschränkt. Erst wenn eine Genehmigungsfähigkeit vorliege, könne tatsächlich das Gebiet „Brunnenwiesen“ zurückgenommen werden. Der Ausschuss genehmigte außerdem überplanmäßige Mittel für die Erschließung des Baugebiets „Am Schelmenbusch“ in Höhe von 45.000 Euro. Ortsbaumeister Ronald Knackfuß informierte über geplante Dünnbettsanierungen in Karlsbad im Umfang von 12.400 Quadratmetern: Reststück Albtalstraße, Poststraße, Eyachstraße, Zehntstraße, Parkring. Aus wirtschaftlichen Gründen habe man sich auf die Ortsteile Auerbach und Spielberg konzentriert.