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Moment mal | 11.03.2025 – 25.03.2025

Vergebung und Neubeginn

Jedes Jahr bespreche ich mit meiner Religionsklasse das Thema Schuld und Versöhnung, und das geschieht nicht ohne das Gleichnis vom barmherzigen Vater (Lk 15, 11-32). Am meisten bin ich darauf gespannt, wie die Kinder auf den Vorwurf des älteren Sohnes gegenüber dem Vater – dessen bedingungslose Liebe – reagieren. Das gibt immer viel und guten Gesprächsstoff.

Dieses Jahr war die Diskussion schon bei der Begegnung des verlorenen Sohnes mit dem ihm entgegenkommenden Vater im Gange. Nachdem ich erklärt hatte, dass die Geschenke des Vaters (das beste Gewand, Ring, Schuhe, ...) bedeuten, dass der Sohn wieder die Stellung eines erbberechtigten Sohnes erhält, er also wieder die gleiche Stellung hat, wie zu der Zeit, bevor er sich das Erbe hat ausbezahlen lassen, kam Protest auf.

Eine Schülerin äußerte, dass sie sich (als jüngerer Sohn) nur als Tagelöhner anstellen lassen würde, denn schließlich wurde das zugestandene Erbteil schon verprasst. Der jüngere Sohn muss doch seine Schuld tragen, seine Fehler ausbaden. Als Tagelöhner hat er doch das Glück, dass er nun jeden Tag wieder etwas zu essen kaufen kann. Sie würde die Geschenke ablehnen.

Diesen Gedanken hatte ich an dieser Stelle noch nie gehört. Normalerweise ist es der „ältere Sohn“ der mit der bedingungslosen Liebe des Vaters hadert, die oft unserem menschlichen Verständnis von Gerechtigkeit oder gar Vergeltung entgegensteht. Nun lehnt sie auch der jüngere ab. Was macht nun der Vater mit seiner großen Liebe, wenn seine Kinder sie nicht annehmen (können)?

Mit Blick auf den „neuen“ jüngeren Sohn, der glaubt, dass er die Geschenke und die Liebe des Vaters nicht verdient hat, kommt mir der Gedanke, ob wir unsere Grundgebete textlich noch erweitern sollten. Im Vaterunser bitten wir um die Vergebung der eigenen Schuld und dass wir anderen vergeben können. Wie wäre es mit der Ergänzung: „Vergib uns unsere Schuld und lass uns deine vergebende Liebe auch annehmen“?

In diesem Sinne wünsche ich uns - bei allen Um- und Irrwegen - den Weg zur Versöhnung mit unseren Nächsten, mit Gott und mit mir.

Ursula Seifert, Gemeindereferentin

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