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Redaktionelle Berichte | 07.01.2025 – 10.01.2025

Die Folgen des Orkan Lothar vor 25 Jahren im Gemeindewald Karlsbad

Am 26.12.1999 fegte der Jahrhundertsturm Lothar über den Südwesten Deutschlands und richtete enorme Schäden an. Auch 25 Jahre später sind die Folgen des Sturms noch spürbar.

Zur Mittagszeit des zweiten. Weihnachtsfeiertags 1999 erreichte Orkan Lothar die Gemarkung Karlsbad und richtete innerhalb weniger Stunden verheerende Schäden an. So waren kurz nach dem Sturm alle Straßen, die durch den Wald führten, blockiert und es steckten viele Autos dort fest. Diese wurden meist fluchtartig verlassen und die Menschen brachten sich zu Fuß in Sicherheit. „Wir kamen zu Autos, die meterdick von Baumkronen bedeckt und komplett zerdrückt waren und hörten Stimmen aus dem Innenraum. Erleichtert stellten wir fest, dass es nur die Radios waren, die beim fluchtartigen Verlassen nicht abgestellt wurden“, so Herr Schwaninger, der damals schon als Forstwirt gearbeitet hat. An der ehemaligen Kreis-Mülldeponie musste ein älteres Ehepaar von einem Hubschrauber gerettet werden. In Fischweier kam eine Familie durch einen Baum, der auf das Auto stürzte, ums Leben. Auch viele Hausdächer wurden durch umgestürzte Bäume beschädigt.

Insgesamt forderte der Sturm Lothar innerhalb von wenigen Stunden europaweit etwa 115 Menschenleben und einen volkswirtschaftlichen Schaden von etwa 11,5 Milliarden Euro.

Unmittelbare Folgen in Karlsbad und notwendige Arbeiten

In Karlsbad war auch wichtige Infrastruktur, wie zum Beispiel die im Wald liegenden Wasserbehälter, nicht mehr zu erreichen und der Straßenbahnverkehr kam komplett zum Erliegen.

Die Rettungsarbeiten und Wiederherstellung der Infrastruktur hatten in den ersten Tagen nach dem Sturm höchste Priorität. Hunderte Feuerwehrleute, Forstpersonal und Unternehmer waren im Einsatz.

Nachdem die Straßen frei waren, erkannte man erst die enormen Schäden im Wald selbst. In Karlsbad fielen knapp 100.000 Kubikmeter Holz dem Sturm zum Opfer. Dies war damals das Zehnfache des normalen Jahreseinschlages. Der Vermögensschaden betrug damals circa 12 Millionen DM, das entspricht heute inflationsbereinigt etwa 9,8 Millionen Euro.

Es war schnell klar, dass das Holz, welches nicht innerhalb von einem Jahr aufgearbeitet und verkauft werden kann, für eine höherwertige stoffliche Verwendung verloren geht. Außerdem war bei der Aufarbeitung auch Eile geboten, um Folgeschäden durch den Borkenkäfer zu minimieren.

Bereits Anfang Januar 2000 waren deshalb neben dutzenden Waldarbeitern auch zwei Forstmaschinen im Einsatz. Diese Maschinen haben zum einen eine sehr hohe Leistung, zum anderen machten sie die Arbeit auch deutlich sicherer. Die Reaktion von Sturmholz beim Absägen ist aufgrund seiner Spannungen schwer einzuschätzen und ist demnach extrem gefährlich für die Waldarbeiter. Europaweit gab es etliche Tote in Folge der Sturmwurfaufarbeitung.

Durch die sehr zügige Aufarbeitung und Vermarktung des Holzes konnte das damalige Forstamt Karlsbad das Holz zu guten Preisen verkaufen. Hilfreich war auch die nahegelegene Autobahnanbindung und die Möglichkeit der Bahnverladung in Busenbach. Es wurden täglich knapp 400 Kubikmeter Holz aufgearbeitet, verkauft und abtransportiert. Jeden Monat wurden so etwa 600.000 DM umgesetzt, was heute, inflationsbereinigt circa 485.000 Euro entspricht.

Die Zeit nach Lothar

Nach der Aufarbeitung des Sturmholzes sind riesige Kahlflächen entstanden. Im Gemeindewald Karlsbad waren knapp 300 Hektar komplett zerstört. Dies entspricht etwa einem Viertel der Gesamtfläche des Gemeindewaldes. Zum Vergleich: Ein Hektar ist etwa so groß wie eineinhalb Fußballfelder.

Auf der Hälfte der Sturmflächen kamen glücklicherweise sehr schnell genügend geeignete Bäume aus Naturverjüngung nach; auf der anderen Hälfte der Fläche musste angepflanzt werden. So wurden circa 250.000 Eichen und weitere Tausende Ahorn, Erlen und Hainbuchen gepflanzt. Da europaweit große Kahlflächen entstanden sind, war die Konkurrenz um gutes Pflanzmaterial und Pflanzunternehmer sehr groß. Karlsbad kam sehr zu Gute, dass durch die schnelle Aufarbeitung die verfügbaren Pflanzensetzlinge noch verfügbar waren. Die Kosten für die Pflanzung der Kulturen waren sehr hoch. Und auch die folgenden Jahre kamen noch weitere Kosten auf die Gemeinde zu, da die kleinen gepflanzten Bäumchen ja auch freigemäht, also vor Konkurrenzvegetation wie z.B. Brombeere oder Adlerfarn beschützt werden mussten.

Nach drei bis vier Jahren intensiver Pflege, wurden die Bestände dann erstmal wachsen gelassen.

Danach fanden sowohl auf den gepflanzten als auch den naturverjüngten Flächen über die nächsten 20 Jahre hinweg immer wieder leichte Eingriffe statt, die sogenannte Jungbestandspflege bzw. Mischwuchsregulierung. Hierbei förderte man hauptsächlich ökologisch wertvolle Mischbaumarten.

Arbeiten mit Blick auch auf die Klimaerwärmung

Seit einigen Jahren haben die Bäume jetzt eine Höhe erreicht, bei der man die Bestände durchforsten, also den Standraum der Bäume erweitern muss. Gerade im Hinblick auf den Klimawandel braucht der Wald eine hohe Anzahl unterschiedlicher Baumarten und eine hohe Vitalität der einzelnen Individuen. Hierzu wählt das Forstpersonal im Jugendalter der Bäume die am besten geeigneten Bäume, die sogenannten Z-Bäume, aus (das Z steht für Zukunft). Diese sollen dann Jahrzehnte bis Jahrhunderte später noch im Wald stehen. Damit diese immer genügend Licht, Wasser und Nährstoffe zur Verfügung haben und so eine große vitale Krone und Wurzel ausbilden können, werden in regelmäßigen Holzerntemaßnahmen, den sogenannten Durchforstungen, immer die jeweils ein oder zwei stärksten (Licht-/Wasser-/Nährstoff-)Bedränger entnommen.

Diese Durchforstungsmaßnahmen dienen in erster Linie der Stabilisierung und Vielfalt der Bestände und sind keine profitablen Einnahmequellen für die Gemeindekasse. Im Gegenteil: Sie kosten in den meisten Fällen mehr Geld, als durch die Holzerlöse erwirtschaftet werden kann.

„Lothar“ hat in Karlsbad enorme Schäden angerichtet und auf einen Schlag ein Drittel des Waldes zerstört. Die Flächen selbst sind selbstverständlich als Wald erhalten geblieben. Sie wurden mit viel Aufwand wiederbewaldet und die 300 Hektar junger, pflegeintensiver Flächen kosten auch heute noch eine Menge Geld und Zeit. Andererseits war Lothar auch eine Chance zum Waldumbau, die vollumfänglich genutzt wurde: Aus den aus heutiger Sicht überwiegend eher ungeeigneten Nadelholz-Reinbeständen sind nun Laub-Mischwälder geworden. In Zeiten steigender Temperaturen, längerer Trockenphasen, der wachsenden Gefahr neuer Sturmereignisse und zunehmender Insekten- und Pilzschäden sind sie nach allen bisherigen Erkenntnissen der Wald-Forschung deutlich resistenter gegenüber den veränderten Rahmenbedingungen im Klimawandel. Die Mischung der Baumarten verteilt außerdem die Risiken für die Bäume auf mehrere Arten – wer (das Risiko) streut, rutscht nicht. So ist der Gemeindewald gewappnet für die Herausforderungen, die in den kommenden Jahrzehnten auf ihn warten.

Text: Forstamt

Ein unter Bäumen begrabenes Auto. Foto: Archiv Gemeinde Karlsbad
Ein unter Bäumen begrabenes Auto. Foto: Archiv Gemeinde Karlsbad
Aufräumarbeiten - Holztransport. Foto: Archiv Gemeinde Karlsbad
Aufräumarbeiten - Holztransport. Foto: Archiv Gemeinde Karlsbad
Aufräumarbeiten. Foto: Archiv Gemeinde Karlsbad
Aufräumarbeiten. Foto: Archiv Gemeinde Karlsbad
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