Karlsbader Mitteilungsblatt

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Redaktionelle Berichte

Waldpflege in Zeiten des Klimawandels

08.10.2024

Waldbegang des Karlsbader Gemeinderates am 25. September 2024

Bei gutem Wetter fand der diesjährige Waldbegang des Gemeinderates in Karlsbad-Ittersbach statt. Auf dem Parkplatz beim Sportplatz trafen sich Bürgermeister, Gemeinderäte, Forstfachleute und viele Interessierte. Bürgermeister Björn Kornmüller freute sich über die gute Resonanz. Die fachliche Führung übernahmen Forstrevierleiter Alexander Mohr und Forstamtsleiter Martin Moosmayer. Die Gruppe begab sich bis zum Dämmerungsbeginn auf einen rund 2,5 Kilometer langen Rundgang.

Wetterbilanz wirkt sich positiv auf den Wald aus

„Das Jahr 2024 hat dem Karlsbader Wald gutgetan“, betonte Moosmayer vor dem Start. Es war kühl und hat viel Feuchtigkeit gebracht. Allerdings sei die Tendenz bei den Temperaturen eindeutig. Seit den 80er Jahren steigen die Durchschnittswerte immer mehr an. „Der Wald ist ein träges Ökosystem und kann mit dieser schnellen Entwicklung nicht Schritt halten“, verdeutlichte er weiter. Dabei sind die Folgen der vier Trockenjahre seit 2018 immer noch sichtbar. Die bisher zutreffenden Prognosen im Hinblick auf die weitere Temperaturentwicklung im Klimawandel wirken sich auch auf den Karlsbader Wald aus. Dieser bringt große Unsicherheiten im Hinblick auf die weitere Waldentwicklung.

Station 1 – Waldbiotop Alter Eichenwald: Erhalt und Weiterentwicklung

Forstrevierleiter Alexander Mohr stellte das sehr schöne Waldbiotop aus Eichen vor. Es ist ca. 1,5 bis 2 Hektar groß und die Eichen darin sind 170-220 Jahre alt. Sie haben einen Durchmesser von 80 bis 100 Zentimetern. Der strukturreiche Waldbestand sorgt für eine überaus reiche Tierwelt. 25 bis 30 Prozent der Insekten sind auf Althölzer angewiesen. Schon früh bildet die raue Borke der Eiche, Verstecke für viele Insekten. Der Schleimfluss am Baum und unterschiedliche Lichtverhältnisse sorgen für weitere Lebensräume. „Die Eiche ist perfekt für Insekten, die lange bestehende Lebensgrundlagen benötigen“, so Mohr.

Die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) ist eine dort lebende Fledermausart. Sie gehört zur Gattung der Mausohren (Myotis). Eva Kübler – zweite Vorsitzende vom NABU Karlsbad Waldbronn - informierte über, für diese Vogelart, aufgehängte Nistkästen. Diese werden gut belegt. Neben der Bechsteinfledermaus sei das Gebiet auch für den Rotmilan sehr wichtig.  

„Aber auch diese Eichen erreichen mit der Zeit ihre Altersgrenze“, so Mossmayer. Der Totholzanteil in den Baumkronen steige. Damit erhöhe sich auch die (waldtypische) Gefahr, dass bei leichterem Wind abgestorbene Äste abbrechen.

Auf Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer meint er u.a., dass einheimische Laubbaumarten in Karlsbad breit vorkommen. Derzeit sei der Karlsbader Forst nicht besonders gefährdet für Waldbrände. Vorsorglich gebe es jedoch schon Tandems von Forst und Feuerwehr im gesamten Landkreis.

Station 2 – Verkehrssicherung an Erholungseinrichtungen: Zielkonflikte mit Waldnaturschutz

Echte Zielkonflikte zwischen Waldnaturschutz und Erholungseinrichtung bestehen  am Trimmdichpfad. Generell gebe es viele unterschiedliche Erholungseinrichtungen wie Bänke, Tische, Hütten etc. im Karlsbader Wald. Der Trimmdichpfad müsse zwei Mal jährlich kontrolliert werden. Große Bäume über Trimmdichpfad-Stationen können zur Gefahr werden. Wenn abgestorbene Äste in den Baumkronen abbrechen und auf die Erde stürzen, könnten sich Menschen schwer oder gar tödlich verletzen. Um dem vorzubeugen, verlegt der Forst solche Stationen. Andere Lösungen wie Baumkletterer einzusetzen seien sehr aufwändig und teuer. Die Teilnehmer befürworteten, so vorzugehen.

Station 3 – Pflege und Durchforstung junger Nadelholzbestände: Stabilisierung im Klimawandel

Die Fichte ist schon jetzt im Klimawandel zu einer echten Risikobaumart geworden. In einem jungen Fichtenwald erklärte Revierleiter Mohr, wie man versuchen kann, hier durch eine intensivere Pflege zu helfen. Dieser Wald entstand vor ca. 25 Jahren nach Sturm Lothar aus Naturverjüngung. Bei weiter steigenden Temperaturen bekomme der Fichtenbestand Probleme.  Er betonte aber: „Generelles Ziel ist es, noch artenreichere Mischwälder durch gezielte Pflegeeingriffe in jungen Waldbeständen zu sichern“. Deswegen werden Laubbäume in dem Bestand gezielt gefördert. Dazu gehören u.a. Eiche, Esskastanie und Buche. Zukunftsbäume werden festgelegt und gezielt freigestellt. Dadurch können sich diese – bereits gut gewachsenen Bäume – weiterentwickeln. Allerdings könne hier ohne Harvester nicht gearbeitet werden. Ein Harvester ist eine spezielle Holzerntemaschine, die mehrere Aufgaben in einem Arbeitsschritt ausführt. Sie fällt Bäume, entastet sie, schneidet sie auf die entsprechenden Längen zu und legt sie am Rand ab. Der Harvester ist für die Fällung und Aufarbeitung der Stämme zuständig. Er gewährleistet eine hohe Produktivität bei der modernen Holzernte.

Station 4 – Notwendigkeit von Pflegeeingriffen in jungen Mischwäldern

Beim nächsten Waldbestand wird deutlich, dass sich aus Naturverjüngung ein baumartenreicher Waldbestand entwickelt hat. Allerdings müsse auch hier, so Moosmayer, immer wieder pflegend eingegriffen werden.

Station 5 – Verkehrssicherung entlang von Straßen: Aufwand für Monitoring und Spezialfällungen

Ein besonderes Problem im Karlsbader Wald sind die vielen Straßen, Bahnlinien und Randlinien zur Wohnbebauung. Hier müsse jedes Jahr die Verkehrssicherheit der Bäume an diesen Waldrändern kontrolliert und kritische Bäume entnommen werden. „Inzwischen ein echter Arbeitsschwerpunkt im Revier“, betonte Alexander Mohr. Häufig sind kritischen Bäume nur mit Spezialmaschinen und hohem Zeiteinsatz zu fällen. „Das kostet den Waldbesitzer richtig Geld“, betonte er. Gleichzeitig wird um Verständnis geworben, dass damit auch temporäre Straßensperrungen, eventuell die Erstellung von artenschutzrechtlichen Gutachten und auch der kurzfristige Einsatz von Forstmaschinen notwendig sind. Am Beispiel Albtalstraße verdeutlichte Mohr den enormen Personal- und Sachmitteleinsatz. An dem Ablauf seien unter anderem vier dauerhafte Absicherungsposten beteiligt gewesen. Ein Fällteam war im Einsatz und mit der Bahn musste sich immer wieder zeitnah abgestimmt werden. Auch die Polizei, die Straßenmeisterei und mehrere Baumkletterer waren gefordert. Darüber hinaus wurde umfangreiches Arbeitsmaterial eingesetzt. 

Bürgermeister Björn Kornmüller bedankte sich beim Forst für dessen Arbeit.

Wie setzt sich der Karlsbader Wald zusammen?

Gesamtfläche?

1.145 ha

Flächenanteil der jeweiligen Baumarten?

Rotbuche 33%, Fichte 13%, Eiche 12% , Kiefer 11% Douglasie 7%, Lärche 4%, Sonstige Baumarten:20%

Anteil Kulturen?

12ha

Gesamtholzvorrat?

400.000Vfm im Jahr 2018 etwa 50.000Vfm mehr als 2008

Eindrücke vom Waldbegang des Karlsbader Gemeinderates. Fotos: Gemeinde Karlsbad

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