Strukturelle Unterfinanzierung der Kommunalhaushalte lässt Kreisumlage steigen
In der Kreistagssitzung, die am 14. November in der Pfinztalhalle in Pfinztal-Berghausen stattfand, brachte Landrat Dr. Christoph Schnaudigel den Entwurf für den Kreishaushalt 2025 ein. Er spiegelte die Situation wider, wonach 80 Prozent der 35 Landkreise Baden-Württembergs ihre Haushalte aus den laufenden Einnahmen nicht mehr ausgleichen können. „Auch im Landkreis Karlsruhe steigen die Kosten zur Bewältigung aller Aufgaben bei fehlender Entlastung von Land und Bund unaufhörlich weiter an“, ordnete Schnaudigel den Kreisetat in seiner Haushaltsrede ein. Allein die Sozialkosten steigen um 50 Millionen Euro.
Um die Verluste der Jahre 2024 und 2025 abzumildern setzt der Landkreis seine gesamten 60 Millionen Euro an Liquidität ein und unterschreitet die Mindestliquidität. Nach Jahren der Stabilität mit sinkender bzw. konstanter Kreisumlage soll diese im kommenden Jahr von 27,5 auf 32 Prozentpunkte erhöht werden und läge damit wieder auf dem Niveau der Jahre 2017 und 2018. Das Volumen des Finanzplans beträgt knapp 716 Millionen Euro, was ein Plus von 52 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Die Verschuldung erhöht sich planmäßig um 111,3 Millionen auf 312,2 Millionen Euro. Landrat Dr. Christoph Schnaudigel sprach von einem „auf Kante genähten“ Entwurf, der nur die notwendigsten Ausgaben enthält, über 14 Millionen Euro für Wünschenswertes wurden erst gar nicht etatisiert. Der Kreistag verwies den Haushaltsentwurf an die Ausschüsse. Der abschließende Beschluss ist im Kreistag am 30. Januar 2025 vorgesehen.
Wundern könne die Entwicklung nicht, so Landrat Dr. Schnaudigel, denn die Landkreise bekommen im Moment 14 Prozent der Steuereinnahmen und müssen damit 25 Prozent der Ausgaben schultern. „Selbst die, die in Mathematik früher öfter gefehlt haben, müssten nachvollziehen können, dass dieses Ungleichgewicht auf Dauer nicht gut gehen kann“, zitierte der Landrat eine Aussage des Präsidenten des Deutschen Landkreistages Dr. Achim Brötel.
Problematisch sei, dass das Finanzierungsdefizit strukturell ist und durch bloße Einsparungen nicht beseitigt werden kann. Dem Verdacht, dass das Verwaltungs- und Bildungszentrum KARLA zu dieser Schieflage beitrage, beugte Landrat Dr. Christoph Schnaudigel mit dem Hinweis vor, dass dieses Projekt zwar die Verschuldung erhöht, den Haushalt aber nur maßvoll belastet und sich durch den Verkauf bzw. die Vermietung von Gebäudeteilen langfristig amortisiere. „Unser Problem sind nicht die investiven, sondern die konsumtiven Ausgaben“, unterstrich Landrat Dr. Christoph Schnaudigel. Zu dem Umstand, dass die Sozialkosten wie zum Beispiel die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, die Jugendhilfe oder die Hilfe zur Pflege ständig steigen, komme noch die Unsitte, dass der Landkreis nicht nur um jeden Euro kämpfen, sondern auch auf zugesagte Finanzmittel immer länger warten muss. Enorme 50 Millionen Euro muss der Landkreis auf diese Weise vorfinanzieren. „Geld, das wir natürlich nicht haben und teuer verzinsen müssen. Wir finanzieren unseren eigenen Untergang“, so der Landrat. Um aus dieser Lage herauszukommen, benötige es ein Umdenken auf der Aufgabenseite, also Aufgabenkritik und Abbau von Standards und Bürokratie. Solange dies nicht geschehe, müsse er auch in Zukunft die Kreisumlage weiter ansteigen lassen und Haushalte vorlegen, die durch ausschließlich notwendige Ausgaben gekennzeichnet sein werden.
Mit Ausnahme von wenigen neuen Stellen im Bereich der Integrierten Leitstelle und dem Jugendamt, wo ansonsten ein Organisationsverschulden drohe, gibt es im Entwurf für 2025 keinen Stellenaufbau. Diese neuen Stellen werden jedoch durch Einsparungen an anderer Stelle kompensiert. Neue Freiwilligkeitsleistungen sind nicht vorgesehen und wo Landeszuwendungen gekürzt werden, wie beim Integrationsmanagement, werden Stellen im gleichen Maße abgebaut. Wenn neue Aufgaben hinzukommen, wie im Zuge der Reform des Einbürgerungsrechts, wo die Zahl der Einbürgerungen von 600 auf über 2.000 hochgeschnellt ist, müsse mit längeren Bearbeitungs- und Wartezeiten gerechnet werden, weil hierfür keine Stellen auf Kosten des Kreises geschaffen und finanziert werden. Die Personalkosten des Landkreises sind für das Jahr 2024 mit 139 Millionen Euro im Haushalt veranschlagt.
Investitionen in Höhe von 141,2 Millionen Euro zeigen, dass der Landkreis aber dennoch Weichen für die Zukunft stellt. Die Mittel werden für den Neubau von KARLA, aber auch des 2. Bauabschnitts des Beruflichen Bildungszentrums in Ettlingen und die weitere Sanierung von Schulgebäuden im Rahmen des Gebäudesanierungs- sowie Kreisstraßenprogramms verwendet, um die Infrastruktur zu erneuern oder zu erhalten. Neue Projekte sind im Haushalt jedoch nicht mehr enthalten. „Wir machen nur noch das, was wir bereits in der Vergangenheit beschlossen haben.“
Viel Geld wird weiterhin für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ausgegeben: 59,3 Millionen Euro müssen der Landkreis und seine Städte und Gemeinden im nächsten Jahr für den laufenden Betrieb bezahlen, was eine Steigerung in den vergangenen vier Jahren um fast 30 Prozent bedeutet. Dass sich der Bund und die Länder gleichzeitig um die Grundsätze der ÖPNV-Finanzierung sowie um die Finanzierung des Deutschland-Tickets oder die Nebenbahnen streiten, sei unverständlich und der Landkreis dürfe hier auch nicht in die Bresche springen.
Dem Gremium wurden in der Sitzung auch die Haushaltspläne 2025 der Stiftung Fürst-Stirum-Hospitalfonds und dem Großherzoglichen Unterstützungsfonds vorgelegt. Darüber hinaus wurde der Entwurf des Wirtschaftsplans des Abfallwirtschaftsbetriebs des Landkreises Karlsruhe eingebracht. Alle Entwürfe wurden zur weiteren Beratung in die Fachausschüsse weitergereicht.
Beschlossen hat der Kreistag die Kalkulation der Abfallgebühren für das Jahr 2025. Sie sieht vor, Überschüsse der Vorjahre gezielt abzubauen: Da sie die erwarteten Defizite decken, können die Gebührensätze weiterhin stabil bleiben. Eine Erhöhung der Kosten für Privathaushalte und Gewerbe ist demnach nicht vorgesehen.
Die Haushaltsrede von Landrat Dr. Christoph Schnaudigel kann auf der Homepage des Landratsamtes unter www.landkreis-karlsruhe.de und der Rubrik „Aktuelles“ abgerufen werden.