In Baden-Württemberg stehen bis zu 18 Notfallpraxen vor der Schließung. Vergangene Woche hat unsere Co-Vorsitzende Corinna Deckenhoff unsere stellv. Ortsvorsteherin aus Spielberg Dr. Mirjam Güldensupp dazu interviewt.
Corinna: Hallo Mirjam, du bist Hausärztin im neuen Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) auf dem Campus des SRH Klinikums in Karlsbad-Langensteinbach und du bist stellvertrete Ortsvorsteherin (SPD) in Spielberg. Herzlichen Glückwunsch, ein ziemlich erfolgreiches Jahr. In Baden-Württemberg stehen bis zu 18 Notfallpraxen vor der Schließung – eine Maßnahme der Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW). Auch der Standort Ettlingen ist betroffen. Dies möchten zum Anlass nehmen, dich zu deiner Erfahrung und deiner Meinung hinsichtlich der schrumpfenden ärztlichen Versorgung auf dem Land zu befragen. Wie empfindest du die aktuelle Lage?
Mirjam: Vielen Dank Corinna, ich empfinde die aktuelle Situation gerade in ländlichen Gegenden als sehr angespannt. Als Hausärzt:innen sind wir die ersten Anlaufstellen, zu denen Menschen mit all ihren gesundheitlichen Problemen und Fragen kommen. Fallen wir als Allgemeinmediziner:innen weg, führt dies zu einer Umverteilung der Patient:innen in die Notaufnahmen der Krankenhäuser, die eigentlich für lebensbedrohliche Notfälle und Unfälle bereit stehen sollten. Dies führt dort zu einer zunehmenden Belastung. Die drohende Schließung der Notdienstpraxen macht diese Situation nicht entspannter. Ich kann es verstehen, dass Kräfte gebündelt werden sollen, da wir überall Personalmangel in der Medizin haben. Aber das Argument, dass es doch zumutbar sei, eine halbe Stunde Autofahrt auf sich zu nehmen, um zur nächsten Notdienstpraxis zu fahren, halte ich für schwierig. Viel eher wird es dazu führen, dass Patient:innen nahegelegene Notaufnahme der Krankenhäuser anfahren und diese dann weiter auslasten, mit Fällen, die oft ganz klar in einer Praxis behandelt werden könnten. Hier hoffe ich, dass zum Wohle unserer Notaufnahmen in den umliegenden Krankenhäusern
die ettlinger Notdienstpraxis erhalten bleiben wird.
Corinna: Viele Praxen haben damit zu kämpfen, dass sie niemanden finden, der ihre Praxis übernehmen will, wenn der wohlverdiente Ruhestand ansteht. Was muss sich deiner Meinung nach ändern, damit dieses Problem bewältigt wird? Oder werden zentrale Versorgungszentren die Zukunft sein?
Mirjam: Gerade hier in der Region haben wir es zum wiederholten Male erlebt, dass Praxen, ohne eine Nachfolge zu finden, aufgegeben werden mussten. Das ist für die Ärzt:innen schade, weil sie ihre Patient:innen, für die sie so viele Jahre gesorgt haben nicht im Stich lassen möchten und für die Patient:innen schwierig und erst einmal mit viel Aufwand verbunden überhaupt eine Praxis zu finden, die noch Patienten aufnimmt. Ich kenne Ärzt:innen, die den Schritt gegangen sind, eine Praxis zu übernehmen, aber ich habe den Eindruck, dass es weniger werden, die diese ganz alleine führen möchten. Zentrale Versorgungszentren, oder größere Gemeinschaftspraxen, mit mehreren Ärzt:innen werden in Zukunft, denke ich, eine zunehmende Rolle spielen. Für viele Ärzt:innen ist es attraktiv, mit flexibleren Arbeitszeiten in einer größeren Praxis oder einem Versorgungszentrum zu arbeiten. In einer Welt, in der Arbeitnehmer:Innen die Flexibilität und auch Arbeit in Teilzeit zunehmend schätzen, ist dies denke ich guter Schritt, um trotzdem eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen. Außerdem verteilen sich die Kosten, die jede Praxis einzeln hat auf mehrere Schultern, die Praxis „läuft“ trotz beispielweise Krankheitsausfällen, oder Urlaub trotzdem weiter. Für mich persönlich ist es eine großartige Bereicherung mich mit anderen Ärzt:innen auch
fachübergreifend direkt austauschen zu können.
Corinna: Verstehe. Was meinst du, gibt es Dinge die eine Gemeinde machen kann, um die Grundversorgung sicherzustellen und für Fachkräfte interessant zu sein? Ich denke da an Wohnraum, Mobilität, Nahversorgung, etc.
Mirjam: Ich denke, dass die Infrastruktur und geeignete Praxisräume natürlich für viele Ärzt:Innen wichtige Kriterien sind für eine Praxisgründung. Ebenso wie die Zuschüsse, die viele Gemeinden, so wie unsere bereit sind an Ärzt:Innen zu zahlen. Und dann ist es natürlich leichter gutes Fachpersonal beispielsweise zu einem Zuzug zu bewegen, wenn es sich um attraktive Wohngegenden mit guter Infrastruktur, guten Schulen und Kindergärten handelt. Es gibt auch Gemeinden, die selbst ein medizinisches Versorgungszentrum gegründet haben, um Ärzt:Innen anzustellen.
Corinna: Vielen Dank für deine Zeit. Vielleicht finden wir bald mal die Möglichkeit einen Stammtisch zu diesen wichtigen Thema zu veranstalten.
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Herzliche Grüße und hoffentlich bis bald,
Deine SPD Karlsbad
Corinna Deckenhoff & Torge Ziemer
(Vorsitzende SPD Karlsbad)