Gemeinderat beschließt Bedarfsplanung in Sitzung am 17. April
Ein großes und seit Jahren wachsendes Thema ist das Maßnahmenprogramm Kinder und Jugendliche/Kindergartenbedarfsplanung. Bei der Aprilsitzung behandelte der Gemeinderat das Thema und fasste mehrere Beschlüsse. Über die Festsetzung der Elternbeiträge wurde separat abgestimmt.
1. Der Gemeinderat nahm die vorgestellte Bedarfsplanung und die Berichte zur Belegung und Finanzbeziehungen zur Kenntnis.
2. Er stimmte den Förderungen der Kindertagespflege zur Einführung bzw. Finanzierung der Platzpauschale für Karlsbader Kinder zu.
3. Er beauftragte die Verwaltung, die Einrichtung des Waldkindergartens in Kooperation Arche Noah Kindergarten und Casa Credolino zum Kindergartenjahr 25/26 vorzubereiten.
4. Die Räte stimmten der Festsetzung der Elternbeiträge zu (Erhöhung im Ü3 und U3 Bereich um 5 %).
5. Einverstanden war das Gremium ferner damit, dass Beiträge für Auswärtige Kinder bzw. ein Einheimischenabschlag festgesetzt werden.
6. Grünes Licht gab der Gemeinderat für die Betriebskostenabrechnung inkl. Defizitübernahmen.
7. Auch die Benutzungsordnung für die Schulkindbetreuung und die entsprechende Entgeltordnung ließen die Räte passieren.
Bürgermeister Björn Kornmüller betonte u.a., dass die Themen, Bildung, Erziehung und Betreuungsauftrag wichtig seien. Es gehe darum, die Chancengleichheit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Das Entwickeln einer Struktur der vielfältigen Bedarfe wird immer anspruchsvoller. Dies gelte ebenso für den Abgleich mit einem entsprechenden Angebot. Der Arbeitskreis Kinderbetreuung ist wieder aufgelegt worden. „Die Bedarfsplanung insgesamt ist ein Zeichen für eine familienfreundliche Kommune“, so Kornmüller weiter.
Hauptamtsleiter Benedikt Kleiner gab einen Überblick über die Themen.
Kinderzahlen nach Geburtsjahrgängen
Die Geburtenrate in Karlsbad an sich ist wieder leicht gesunken. Es zeigt sich aber, dass die Geburtenzahlen keine belastbare Grundlage sind. Dies resultiert daraus, dass die Kinderzahlen durch Zuzüge erheblich steigen. So sind in den Jahren 2017-2022 (ohne 2019 mangels Daten) 737 Kinder in Karlsbad geboren worden, Stand 08/2023 lebten aber 805 Kinder dieser Geburtsjahre in Karlsbad. Es gab somit ca. 70 Zuzüge, die kaum planbar sind und die Bedarfsplanung erheblich erschweren.
Bevölkerungsentwicklung und Auswirkungen auf die Betreuungsquote
Die Betreuungsquote U3 beträgt 54 % - bezogen auf 479 Kinder von 0-3 Jahren und maximal 260 Plätze. Bezogen auf 330 Kinder von 1-3 Jahren liegt sie bei 79 % (Vorjahr 86 %). Gründe für die zurückgegangene Betreuungsquote sind insgesamt steigende Kinderzahlen. Die Krippenkinder werden 3 Jahre alt. Dies bedeutet, dass sich die Platzzahlen bei den altersgemischten Gruppen von U3 nach Ü3 verbschieben. Nach der theoretischen Planung wären 28 % der Plätze für U3-Kinder verfügbar. Allerdings sind die altersgemischten Plätze mit Ü3-Kindern stark belegt. Dadurch reduzierten sich die U3-Plätze auf 23 %.
Betriebskostenzuschüsse an die Kindergärten sowie Finanzierung
Die Betriebskostenzuschüsse betrugen 2022 5.618.214 Euro – 6 % mehr als 2021, die FAG-Zuweisungen betrugen 2022 3.203.221 Euro – 1 % weniger als 2021. Während die Betriebskostenzuschüsse von Jahr zu Jahr deutlich steigen, erhöhen sich die FAG-Zuweisungen nur moderat. Gegenüber dem Vorjahr sind die FAG-Zuweisungen 2022 sogar um 47.000 € gesunken. 32,3 % der Betriebskosten, 2,339 Mio. € musste die Gemeinde 2022 aus Eigenmitteln finanzieren. Zu beachten ist, dass diese Zahl nur die laufenden Betriebskosten umfasst. Hinzu kommen Investitionskosten, Unterhaltungskosten der kommunalen Gebäude und Außenanlagen sowie die Personalkosten der Verwaltung. Der Eigenanteil der Kindergartenträger ist von 7,2 % im Jahr 2021 auf 5,6 % im Jahr 2022 gesunken. Die Betriebskosten der Kindergärten sollen nach Landesvorgaben zu 20 % durch Elternbeiträge gedeckt werden. In 2022 betrug der Deckungsbeitrag 15,6 %. Er ist damit nach dem Einbruch aufgrund der Corona-Pandemie wieder gestiegen. Aufgrund der seit 2020 ausgesetzten Erhöhung der Elternbeiträge liegen diese, so Kleiner, auch nach den für 2024 (Kiga-Jahr 23/24) vorgeschlagenen Erhöhungen deutlich unter den Empfehlungen der Kirchen und der kommunalen Landesverbände. Die Verwaltung schlage eine moderate Beitragserhöhung um ca. 5 % vor. Diese führt theoretisch (berechnet auf der Basis der Elternbeiträge 2022) zu Mehreinahmen von ca. 56.000 €. Bei Erhöhung der Elternbeiträge auf die von Gemeindetag/Kirchen empfohlenen Beträge würden rechnerisch Mehreinnahmen von ca. 293.000 € entstehen. Die Verwaltung schlage vor, auf diese potenziellen Mehreinnahmen i.H.v. ca. 237.000 € zu verzichten. Dies würde zu Lasten des Gemeindehaushalts gehen.
Einheimischenabschlag
Aufgrund der knappen Platzanzahl sollen die vorhandenen Plätze in erster Linie mit einheimischen Kindern belegt werden. Damit soll zuerst für diesen Kreis der Rechtsanspruch sichergestellt werden. Es gibt erste Gemeinden, die für auswärtige Kinder einen höheren Elternbeitrag vorsehen. Vorgeschlagen wird, auch für Karlsbad eine solche Regelung zu treffen. Kalkuliert wurde ein Einheimischenabschlag i.H.v. 23,5 %. Der Abschlag soll für Familien gelten, die entweder mit Hauptwohnsitz in Karlsbad wohnhaft sind oder wo ein Elternteil in Karlsbad arbeitet. Für auswärtige Kinder ohne Bezug zu Karlsbad durch Wohnung oder Arbeit bedeutet dies Mehrkosten i.H.v. ca. 30 %. Außerdem soll für diese auswärtigen Kinder stets der Betrag für Einkindfamilien gelten, keine Geschwisterermäßigung.
Kindertagespflege – Tageselternverein Ettlingen (TEV)
Um die Kindertagespflege zu fördern, wird Karlsbad (als letzte Gemeinde im Bereich des TEV Ettlingen) das Platzpauschalenmodell einführen. Die Tagespflegeplätze in Karlsbad sind in den letzten Jahren – nicht zuletzt wegen der nicht gewährten Platzpauschale – deutlich gesunken. Die Tagesmütter möchten keine Karlsbader Kinder betreuen, da sie für die Kinder anderer Gemeinden durch die Platzpauschale mehr Geld erhalten. Hier müsse Karlsbad dringend nachziehen. Die Platzpauschale sichere den Verdienstausfall wegen Krankheit, Wegfall von Kindern, weiterlaufenden Sozialversicherungsbeiträgen etc. ab. Sie ist damit ein wesentliches Element zur Absicherung der Tageseltern, die als selbständig Tätige keine „automatische“ Absicherung haben. Das Geld folgt dem Kind, d.h. die Platzpauschale wird für die Betreuung von Karlsbader Kindern gewährt, unabhängig vom Betreuungsort. Die Höhe der monatlichen Pauschale richtet sich nach den Betreuungszeiten, sie ist pro Tagesmutter auf max. 350 €/Monat begrenzt
Investitionen – Planungen - Erweiterungen
Ersatzneubau Kindergarten Pestalozzi
Bis zum Ersatzneubau für den Kindergarten Pestalozzi soll für diesen ein „Überbrückungsprogramm“ zur Beseitigung der schlimmsten Mängel laufen. Damit soll ein geregelter Betrieb sichergestellt werden. Unter anderem geht es um Maßnahmen im Bereich der Heizung, das Beseitigen von Schimmelstellen, einer teilweisen Bodenerneuerung bzw. Arbeiten im Bereich der Sanitäranlagen.
Im Pestalozzi-Kindergarten soll durch Überbrückungsmaßnahmen ein geregelter Betrieb ermöglicht werden. Ein Ersatzneubau im Baugebiet Schaftrieb ist geplant. Foto: Archiv Gemeinde Karlsbad
Neubau Kleine Strolche
Der bisherige Betrieb in umgenutzten Mietwohnungen sei nicht länger tragbar. Ein Neubau in Zusammenarbeit mit einem Investor ist geplant. Im Rahmen des Bebauungskonzeptes Paulusstraße soll ein eingeschossiger Neubau für 3 Gruppen entstehen. Er wird teilweise unterkellert (Technik- und Nebenräume im UG). Die Trägerschaft soll auf Pro Liberis übergehen. Gegebenenfalls ist eine Zwischenlösung erforderlich.
Neuer Waldkindergarten in Kooperation mit dem AB-Verband (Arche Noah-Kindergarten) und Casa Credolino
Es soll ein Natur- und Waldkindergarten, mit Bauwagen, im Bereich des Bibelheims entstehen. Dieser soll 20 Plätze anbieten. Angestrebt wird, ihn zum Kindergartenjahr 2025/26 zu eröffnen.
Evangelischer Kindergarten Mutschelbach
Die Containeranlage, die interimsmäßig aufgrund des großen Bedarfs in Mutschelbach errichtet wurde, wird weiterhin dringend benötigt. Bestehende baurechtliche Problematiken haben immer wieder zu Schließungen und Rechtsunsicherheit geführt. Sie müssen geklärt werden. Die Kosten für die Anlage bzw. eine evtl. notwendige Ersatzanlage betragen ca. 90.000 € im Jahr.
Essen in den Kindertageseinrichtungen
Beim Mittagessen in Kindergärten beteiligen sich Gemeinde und Träger nicht an den Essenskosten in den Einrichtungen. Die Essenskosten sind zu 100 % den Eltern in Rechnung zu stellen. Die bisherige Absprache lautete, dass die Kosten der Hauswirtschaftskraft (HWK) gedrittelt werden (je 1/3 Gemeinde, Träger, Eltern). Aufgrund fehlender Finanzmittel konnten die Träger „ihr“ Drittel größtenteils nicht übernehmen. Dieses wurde den Eltern in Rechnung gestellt. Um die Eltern zu entlasten, erkennt die Gemeinde ab 2024 50% der auf das Mittagessen entfallenden Kosten der Hauswirtschaftskraft als Betriebskosten an. Die sonstigen Regelung bzgl. des Mittagessens gelten weiterhin: Alle Kosten, die rund um das Essen anfallen wie Lebensmittel/Cateringkosten, Küchenausstattung, Gerätemiete, 50% der HWK-Kosten für das Mittagessen ,100% evtl. HWK-Kosten, die nicht das Mittagessen betreffen etc. werden zu 100% den Eltern in Rechnung gestellt.
Betreuungsformen
Die Betreuungsformen RG: Regelgruppe mit Mittagspause und HT: Halbtagsgruppe U3, nur vormittags sind veraltete Modelle, die nicht den gesetzlichen Rechtsanspruch erfüllen. Eines der Hauptkriterien bei der Vergabe knapper Kindergartenplätze ist die Berufstätigkeit der Eltern zwecks Vereinbarkeit Familie und Beruf. RG und HT ist „nice to have“, dient aber nicht o.g. Zweck und bindet Kapazitäten, die dann für dringendere Bedarfe fehlen. Der Wunsch nach HT-Betreuung für U3-Kinder ist noch nachvollziehbar. Damit haben die Kleinen einerseits Kontakt zu anderen Kindern und müssen andererseits nicht zu lange in der Einrichtung bleiben. Die RG-Betreuung (Ü3) ist allerdings weder unter rechtlichen Aspekten noch aus pädagogischen Gründen sinnvoll. Die Betreuungsform RG ist damit ein Auslaufmodell. Bestehende Betreuungsverträge können weiterlaufen, bis die Kinder die Einrichtung verlassen. Neue Verträge mit dieser Betreuungsform sollten möglichst nicht mehr abgeschlossen werden.
Schulkindbetreuung
Insgesamt stehen (Stand Okt. 2023) für 563 Grundschüler ca. 250 Betreuungsplätze zur Verfügung. Dies entspricht einer Versorgungsquote von 44 %. Aufgrund steigender Nachfrage und der Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztags-Betreuung für Grundschulkinder ab 2026 müssen die Betreuungskapazitäten ausgebaut und sowohl weitere Räumlichkeiten als auch mehr Personal gesucht werden.
Hintergrundinfos
Ausführliche Informationen zu den Tagesordnungspunkten mit der Vorlage finden Sie im Ratsinformationssystem der Gemeinde Karlsbad (Bürgerinfoportal).