Im Oktober 2011 fand die Gründungsveranstaltung des Netzwerkes gegen multiresistente Erreger (MRE) für die Stadt und den Landkreis Karlsruhe statt. Fünf Jahre sind seither vergangen und es gilt, eine Bilanz des bisher Erreichten zu ziehen. Viele Institutionen des Gesundheitswesens wie Krankenhäuser, Pflegeheime, ambulante Pflegedienste, niedergelassene Ärzte, Einrichtungen der Eingliederungshilfe und Rettungsdienstorganisationen sind Mitglieder des Netzwerkes geworden und bekennen sich zu dessen Zielen die institutionsübergreifende, koordinierte Bekämpfung von multiresistenten Erregern im Gesundheits- und Pflegewesen in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe sowie die Ermöglichung eines weitest gehenden Zuganges zu therapeutischen und pflegerischen Maßnahmen für MRE-Patienten.
In verschiedenen Arbeitskreisen wurde in den letzten Jahren insbesondere daran gearbeitet, die Vorgehensweisen im Umgang mit den unterschiedlichen Erregern zu vereinheitlichen und die Kommunikation zwischen den Einrichtungen zu verbessern. Im überregionalen Netzwerk des Landes wurden ausführliche Merkblätter und Arbeitshilfen für Betroffene und die verschiedenen medizinischen Einrichtungen erstellt. Um diese Informationen einfach zugänglich zu machen wurde auf der Homepage des Gesundheitsamtes (www.landkreis-karlsruhe.de) ein Bereich für das MRE-Netzwerk eingerichtet.
Nachdem durch das Netzwerk in den letzten Jahren bereits mehrere Fortbildungsveranstaltungen organisiert wurden, fand auch zum 5-jährigen Bestehen am 26. Oktober in den neuen Räumen der Ärzteschaft Karlsruhe eine Fortbildungsveranstaltung zu MRE statt. Dabei wurden vom leitenden Krankenhaushygieniker des Städtischen Klinikums Karlsruhe, Herrn Dr. Kniehl, die Vancomycin resistenten Enterokokken (VRE) analysiert, deren Relevanz im Zusammenhang mit Ausbrüchen derzeit vielerorts diskutiert wird. Dr. Martin Schmitt, stellvertretender Leiter des Amtes für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung des Landkreises Karlsruhe, erläuterte die Bedeutung des Antibiotikaeinsatzes und damit zusammenhängend der MRE in der Tierzucht, was Anlass für eine lebhafte Diskussion im Auditorium war. Frau Bohn von der Stadtmission Karlsruhe informierte abschließend über den Umgang mit MRE in Pflegeheimen.
„Das kleine Jubiläum ist ein guter Anlass, den vielen aktiven Mitgliedern zu danken“, betonte Dr. Ulrich Wagner vom Gesundheitsamt Karlsruhe. „Viele Hygienefachkräfte, Ärzte, Pflegekräfte haben in diesen Jahren ihr Wissen, ihre Zeit und Arbeitskraft in den Dienst der Sache gestellt, um einerseits gegen die Ausbreitung gefährlicher Krankheitserreger zu kämpfen, andererseits aber auch um mit Aufklärung übertriebenen Ängsten entgegenzuwirken.“
Das Spektrum der Erreger und ihre Resistenz gegen Antibiotika verändern sich ständig; auch in Zukunft wird es Aufgabe des MRE-Netzwerkes sein, diese Entwicklungen zu verfolgen und darauf zu reagieren.
Stimmen aus dem Netzwerk:
Simone Bohn, Bereichsleitung Stadtmission Karlsruhe:
„Durch das Netzwerk haben wir mehr Handlungssicherheit im Umgang mit MRE erhalten, vor allem durch die Informationsblätter für verschiedene Gruppen von Betroffenen. Der direkte Kontakt zwischen verschiedenen Berufsrichtungen und deren Prioritäten hat uns geholfen. Der Umgang mit MRE ist zur Routine geworden und die notwendigen Hygienemaßnahmen sind in den Berufsalltag integriert und allen bekannt. Die Zusammenarbeit mit Hausärzten und Kliniken ist besser geworden, Informationsweitergabe ist professioneller, wenn auch noch nicht ausreichend gut geworden. Die Anzahl betroffener Bewohner ist trotz höherem Bewusstsein für dieses Infektionsrisiko nicht spürbar zurückgegangen.“
Jürgen Ramin, Beatmungspflege Pfinztal:
„Die ambulante Pflege wird in Stadt- und Landkreis durch die großen konfessionellen Träger sowie kleine und mittelständische Privatunternehmen sichergestellt In den vergangenen Jahren ist es gelungen mit Hilfe des MRE-Netzwerkes Karlsruhe, eine Empfehlung zum Umgang mit MRE-Patienten für die ambulante Pflege zu erarbeiten. Da viele der leitenden Pflegekräfte, auf Grund des Kostendrucks, selbst bei der Versorgung ihrer Patienten mitarbeiten müssen, können sie nicht am MRE-Netzwerk teilnehmen. Mehr Beteiligung der ambulanten Dienste wäre wünschenswert, ist aber ohne bessere finanzielle Ausstattung kaum denkbar. Unser Geld wird leider nur am Bett verdient!“
Dr. Wolf Semmler, Allgemeinmediziner in Karlsruhe:
„Vor 5 Jahren wurde ein Netzwerk gegründet um eine medizinische Problemstellung anzugehen, die uns Ärzte in ganz unterschiedlicher Weise tangiert. Multiresistente Keime stellen in Krankenhäusern und Ambulatorien ähnlichen Praxen eine größere Herausforderung dar als im hausärztlichen Bereich. MRE-behaftete Patienten sind meist in häuslicher oder stationärer Pflege versorgt. Dafür gelten zwar gleiche Hygiene-, aber nicht gleiche Isolierungsvorschriften. Um diese jeweils für den einzelnen Patienten spezielle Fragestellung zu beantworten, dafür sind diese gemeinsam gefunden Antworten aus der Sicht Krankenhaus, Labormedizin, stationärer und ambulanter Pflege wichtig. Jede Fragestellung ist eindeutig zu beantworten und im Merkblatt abrufbar. Die Vergütung dieser diagnostischen, informativen, beratenden Tätigkeit im hausärztlichen Bereich ist kompliziert geregelt und bildet in Eurobeträgen nicht im Mindesten den Aufwand ab. Da die Fallzahlen im hausärztlichen Bereich eher gering sind, ist eine einfache Handhabung wünschenswert. Auf diesem Weg ist das Netzwerk erfolgreich vorangekommen.“
Dagmar Ersing, Hygienefachkraft des Städtischen Klinikums Karlsruhe, weist darauf hin, wie wichtig die Information und Beteiligung des betroffenen Patienten und seiner Angehörigen sind und sieht in diesem Bereich Aufgaben für die Zukunft:
„Bei der Entlassung eines MRSA-Patienten in das häusliche Umfeld stehen Fragen zur Umgebungsdekontamination im Haushalt im Vordergrund. Eine Checkliste für Patienten zur täglichen Desinfektion der Umgebung und der Alltagsgegenstände wird hierbei öfter nachgefragt. Hier besteht ein offensichtlicher Bedarf, den Patienten die umfänglichen Dekontaminationsmaßnahmen zu erleichtern. Die Übersetzung des Merkblattes (Information zur Sanierung und Umgebungsdekontamination einer MRSA-Keimträgerschaft - Merkblatt für Patienten) in weitere Sprachen wäre wünschenswert.
Von Seiten der Ärzte besteht zunehmend der Wunsch auch bei Patienten mit VRE ein Merkblatt aushändigen zu können. Die Patienten verstehen oft nicht, dass sie im Krankenhaus isoliert werden und zu Hause keine besonderen Maßnahmen erforderlich sind. Es besteht insbesondere die Angst, Angehörige anzustecken.“